»Wozu eigentlich?« Wertschöpfung einmal anders betrachtet
Die Frage nach dem »Warum« wird gerne mal in den eisigen Höhen der Philosophie verortet und gerät dann unbeantwortbar. Viel einfacher ist die Frage nach dem »Wozu«: Wozu braucht man so etwas wie eine Website? Ich meine, wozu ärgert man sich mit diesem ganzen Mist rum?
Eine Erinnerung wird wach
Vor langen Jahren saß ich einem Geschäftsführer gegenüber, der einem Consultingunternehmen mit 200 Mitarbeitern vorstand, und wir sprachen über die Website des Unternehmens. Ob ich irgendwelche Ideen hätte. Besagter Geschäftsführer hatte dabei die eierlegende Wollmilchsau im Auge. Und zwar, ebenfalls ganz auf der »klassischen Linie«, ohne etwas grundlegend zu verändern oder gar ein Budget freizugeben. Neinnein, es folgte der in vielen Verkaufsgesprächen zur Perfektion gereifte Vertrauen-Sie-mir-Blick: Das sollte bitteschön alles »mit Bordmitteln« möglich sein. Ja, solche Auftraggeber gibt es. Leider.
Jahre später hat sich die Erstellung einer Website längst vom »nice to have« zum »must have« entwickelt. Gut für alle Entwickler und Programmierer dieser Welt, Redakteure und Corporate Design-Beauftragten. Langwierigen Budget-Freigaben zum Trotz, wer etwas auf sich hält, braucht im Netz eine Visitenkarte. Eine Grundsatzdebatte hat sich jedoch nicht verändert.
Sprung zurück. »Was ist denn der Zweck der Website?«, hörte ich mich fragen, so als habe jemand anderer die Frage gestellt. »Wie meinen Sie das?« echote der Geschäftsführer. Ich griff die Idee auf, die durch den Orbit meiner Gedanken geschlingert kam: »Haben Sie mal überlegt, wozu Sie Ihre Website brauchen? Ich meine, WIRKLICH brauchen?« Und dann gab ich mich als Ketzer zu erkennen: »Woher wissen Sie, ob nicht eine einzige einfache HTML-Seite ausreicht, auf der man nur die aktuelle Firmenbroschüre runterladen kann?«
»Also Herr…«, der Geschäftsführer sah mich ohne Hehl völlig verwundert an, »wir müssen …« und dann listete er umfassend alle Gründe auf, warum dieses wunderschöne Unternehmen der Welt eine Website schuldig war. Gut, wer auf diese Frage eine Antwort hat.
Das Projekt begann.
Zwischendrin beobachtete ich, wie einer Agentur nahezu bündelweise Geld hinterher geworfen wurde, das später anderswo fehlte, und schließlich war die Website »fertig«. Sofern eine Website eben fertig sein kann. Der Auftritt sah jetzt in der Tat anders aus. Es gab einen Menüpunkt »News«, hinter dem eine Reihe mehr oder minder interessanter Unternehmensmeldungen versammelt war, die Farbwelt hatte sich geändert (blau = seriös), es gab Fotos (selbstgemacht) und leider wirkte die Seite, als habe jemand eine Art digitaler Laubsägebastelei in den Browser gestellt. (Heute sehen übrigens die meisten mit sogenannten Webbaukästen erstellten Seiten so aus. Meine Meinung.)
Wie gesagt: Ein bisschen besser ist es geworden. Manches Unternehmen leistet sich so etwas wie Redakteure, die den Auftritt pflegen und betreuen. Aber dieses Beispiel soll zeigen, wie alltäglich solche absurden Projektverläufe nach wie vor sind, wie wenig Sinn die aufgewendeten Ressourcen unter dem Strich ergeben. Und wie wichtig es ist, sich die Frage nach dem Zweck zu stellen. Wenn Websites mancherorts noch als »Chefsache« behandelt werden, ist es den Ergebnissen nur selten zuträglich. Sicher, im Land der Baumärkte ist die Do-It-Yourself-Mentalität so ausgeprägt wie kaum sonst, aber: Lassen Sie statt eines Konfirmandenanzugs einen Hochzeitssmoking schneidern? Haben Sie bei Ihrer kaputten Heizung das Thermostat checken lassen und einen neuen Boiler bekommen?
Nein? Aber bei Ihrer Website haben Sie alles, was auf dem Tablett lag genommen, nur weil es da lag? Oder besser: hingelegt wurde?
Genug gefrotzelt, man könnte ja auch professionell vorgehen. Beispielsweise, indem man sich überlegt, wozu man die Website braucht und was daran eigentlich von Wert ist. Das Design, das man projektbegleitend erneuert hat? Die erstklassigen Bilder von einem professionellen Fotografen? Den Druck des Katalogs, der jetzt auch als PDF online steht? Die neue Unternehmensdarstellung, die man überall als Steckbrief verwenden kann? Mehrwert entsteht immer dann, wenn die Website an einen Nutzen in der »realen Welt« gekoppelt ist. Ja, Umsatz kann auch dazu gehören. Ja, SEO kann sich lohnen, wenn man in einem wettbewerbsintensiven Umfeld ist. Ja, Investitionen in Technik zahlen sich aus, wenn man seine Website nicht nur bei einem einzigen Anbieter betreiben kann. Ja, Inhalte sind dann etwas wert, wenn sie mehrfach genutzt und weiterentwickelt werden.
uh/toujou
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